2. Reise
vom 28.Nov. 2001 bis 26.Mai 2002
Seite 5
Northern Territory

09.03.2002 East MacDonnell Range
Habe heute im Infocenter von Alice Springs erfahren, das der Zugang zur Boggy Hole im Finke National Park wegen Überflutung des Finke River absolut gesperrt ist. Das betrifft auch die Great Central Road, deren Passierbarkeit durch den über die Ufer getretenen Docker River verhindert wird. Ich werde den Namatjira Drive und den Mereenie Loop als Ausweichstrecke in Betracht ziehen.
Morgen unternehme ich einen Ausflug entlang der East MacDonnell Range um mich von den negativen Nachrichten abzulenken.

13.03.2002 Rainbow Valley
In den nächsten drei Wochen gibt es keine Chance nach Westaustralien zu gelangen. Durch die heftigen Regenfälle der letzten Tage ist der Docker River wieder angeschwollen. Sogar der Toddy River in "Alice" (eigentlich nur trocken) führt Wasser.
Die Unwetter waren in dem 100 km entfernten Rainbow Valley am Horizont gut auszumachen. Hier hingegen war es knochentrocken aber herrlich ruhig so das ich gleich zwei Tage blieb.
Eine Entscheidung die für Ivonne, die mit Ihrem Motorrad auf der Zufahrtsstraße zum Tal im Sand stecken blieb, das absolute Glück bedeutete. Nach einer schweißtreibenden Bergungsaktion - das größte Übel daran war, daß die Kette abgesprungen war - sowie ihren anfänglichen Panikattacken, relaxten wir am Lagerfeuer bei Macaroni Bolognese, einer heißen Tasse Tee und einem gepflegten Smaltalk.
Am nächsten Morgen reparierten wir zunächst in Ruhe ihr Motorrad. Zur Sicherheit begleitete ich sie noch bis kurz vor "Alice" um dann selbst in anderer Richtung meine Tour fortzusetzen. Ich hatte mir das Ziel Ewaninga Rock Cavings ausgesucht und kehrte erst am Abend zurück nach Alice Springs.

16.03.2002 Zeitvertreib
Es ist schon schwierig die Zeit des Wartens sinnvoll auszulasten. Habe viel gefaulenzt, nachdem ich die Stadt und deren nähere Umgebung ausgiebig erkundet hatte. Etwas gelesen, mich im Pool erfrischt, das Auto sauber gemacht und ein wenig Gameboy gespielt.
Zum Plaudern hatte ich meine neue Bekanntschaft Ivonne, die sich auf dem selben Campingplatz niedergelassen hat wie ich. Zusammen lernten wir noch zwei verrückt Motoradfreaks aus Dänemark kennen, die allerlei zu erzählen hatten. Gemeinsam grillten wir zum Abendbrot und zogen anschließend ins Bojungles. Dem wohl einzigen Pup im Umkreis von 300 km in dem so richtig die Post abgeht.

19.03.2002 Namatjira Drive Teil 1
Ich bin wieder auf Achse. Ich verspürte so ein innerliches unnachgiebiges Drängeln. Sicher wird es schwer die Zeit zu strecken doch ich hoffe in zwei Wochen den Docker River passieren zu können.
Etwas Gutes bringt das Ganze ja auch mit sich: viel mehr Zeit bei der Erkundung der Umgebung. So kann man sich nach anstrengendem Dolomitenmarsch für den Rest des Tages am Wasser des Ellery Creek Big Hole entspannen und erfrischen.
Lustig ist es wenn die Touri-Busse ankommen, ihre Menschenfracht entlassen, nach einer Stunde wieder einladen und geschwind den Ort verlassen. Oder wenn man ungewollt deutsche Urlauber belauscht, weil sie denken man versteht sie nicht. Dann denke ich drei Jahre zurück und bin froh und glücklich nun mehr Zeit zu haben für diesen außergewöhnlichen Kontinent.
Am Besten sind die Begegnungen im Busch mit Australiern, die immer noch einen guten Tipp mit auf den Weg geben oder einen auf ein kühles Bier am Lagerfeuer einladen um über Gott und die Welt zu reden.
Übrigens konnte ich die letzte Nacht kein Auge zumachen. Eine Wüstenmaus fand den Weg in das Innere meines Autos und wollte pardou nicht mehr herauskommen. Zudem war sie überaus "intelligent". Denn als ob sie lesen könnte zerpflückte sie mir zielbewusst eine absolut geruchsneutrale Tüte Chips, die ich eigentlich heute zum Sunset am Mt Sonder Lookout genießen wollte. OK, die Maus war schneller und ich habe eine weitere Lektion gelernt. Türen zu.

20.03.2002 Namatjira Drive Teil 2
Nach einem kräftigen Frühstück und ein paar Handgriffen am Auto zog es mich zum Baden in die Ormiston Gorge zurück, die ich einen Tag zuvor nur kurz besuchte. Bevor es ab ins Wasser ging unternahm ich eine ausgiebige Wanderung entlang der Schlucht. Oberhalb der Steilwände bot sich mir ein faszinierender Ausblick auf den Verlauf des meist trockenen Flussbettes.
Mir kamen fast die Tränen der Freude während ich mich gelegentlich zur Rast niederließ, der laue Wind mich etwas erfrischte und die Landschaft in mich einsog.
Ich fühlte mich so frei wie die Falken, die sich in die Schlucht stürzen um sich mit dem nächsten Aufwind weit übers Land tragen lassen. Ich fühlte mich wie ein Wallaby, als ich leichtfüßig über Stock und Stein sprang - nur nicht so elegant. Bei jedem Hopser und jedem Schritt gluckerte die Wasserflasche im Rucksack, dann fühlte ich mich wie ein Kamel mit vollen Höckern.
Und nach dem aufmunternden Bad im Schluchtensee, der durch die Eukalyptusblätter "kackbraun" gefärbt war, fühlte und roch ich wie ein fauler Koala. (Den ich immer noch nicht zu Gesicht bekommen habe!)
Bei all dem Tierischen hoffe ich nur das die Dingos mich nicht für ein leckeres Stück Beute halten.

21.03.2002 Palm Valley
Den Hinweisen “empfohlen nur für 4WD” , so wie es auf einem Schild an der Zufahrt zum Palm Valley zu lesen ist, sollte man schon mit gesundem Menschenverstand Folge leisten.
Auf den einfache Passagen während der ersten Kilometern, wiegt sich der Fahrer zwar in Sicherheit, doch bald darauf löst Flussgeröll tiefen Schwemmsand ab. Restwasser im Flussbett sorgt für eine Unterbodenpflege. Durch Auswaschungen entstandene Absätze machten die Fahrt zu einer Kletterpartie. Den markiertem Weg, der sich nach jeder Überflutung ändert und von den Parkrangern ständig neu festgelegt wird, sollte man schon folgen, will man nicht den Verlust des Fahrzeuges erleiden oder im günstigsten Fall nur im Sand stecken bleiben.
Dieses Missgeschick widerfuhr einem deutschen Ehepaar, dessen gemietetes Auto ich aus der Sandfalle zog, während ein paar Schweizer kräftig schoben. Es hätte für die beiden auch schlimmer kommen können und sie hatten nicht mal genug Trinkwasser und Ausrüstung dabei. Sich auf anderer Leute Hilfe zu verlassen, so wie diese Beiden es voraussetzten, kann unter Umständen böse Folgen haben.
Die Neugierde wird mit der Einzigartigkeit des Tales belohnt. Hier überlebten Palmen, die vor hunderttausend Jahren, als diese Gegend noch von Wasser bedeckt war, angespült wurden und Wurzel schlugen.
Eine kleine Oase des Luxus in Form eines Camps, bietet Besuchern, die den mehrstündigen Rückweg scheuen, ein Lagerplatz. Gegen eine kleine Gebühr erhält man einen gepflegten Rasen, kostenlose Gasgrillplätze, Feuerstellen inklusive Feuerholz und sogar Sanitäreinrichtungen mit Duschen und heißem Wasser.

22.03.2002 Reiseunterbrechung
Der Entschluss einen Tag länger hier zu verbringen fiel mir nicht schwer. Nachdem bis auf mich und ein anderes Pärchen alle abgefahren waren, pflegte ich mein seelisches Gleichgewicht bis zum Nachmittag im Schatten der Bäume. Ich las ausgiebig und studierte zum zig tausendsten Mal die Streckenbeschreibung der Great Central Road.
Schließlich startete ich zu einem 8 km langen Fußmarsch durch die umliegenden Täler, vorbei an imposanten Gesteinsformationen. Einfach unglaublich an welch unwirtlichen Stellen das Leben sprießt und zur Blüte bringt. Gelegentlich konnte ich einen unbeschreiblichen Duft wahrnehmen, den eine blaue Blüte verströmt. Manchmal roch es so angenehm, das ich mich in den Garten meiner Tante Rosa zurückversetzt sah. Ist schon eigenartig auf welche Weise längst in Vergessenheit geratene Erinnerungen ins Gedächtnis zurückgerufen werden.
Langsam füllt sich der Campingplatz wieder mit Geländewagen von Britz, Maui und Kea, deren Insassen Wochenendabenteurer sind, die sich wie Marco Polo fühlen. Sie schaukeln sich gegenseitig hoch und übertrumpfen sich mit der Anzahl von Orten, die sie in kürzester Zeit besucht haben. Würde man genauer nachfragen, würde sich herausstellen, das sie eigentlich nichts gesehen haben. Ich hege keine Sympathie für Leute die nur zu einem Ort kommen um da gewesen zu sein.

26.03.2002 Kings Canyon, Olgas, Uluru
Der Mereenie Loop, der erst vor fünf Jahren von den Aborigines Gemeinden für den Tourismus freigegeben wurde und für den man eine kleine Spende entrichten muss um ihn zu befahren, liegt hinter mir. Und sooo schlecht war dieser “Umweg” nun auch wieder nicht.
Am Ende dieser Strecke kam ich am Kings Canyon dann doch nicht so ohne weiteres vorbei. Ein weiteres Mal hier, wanderte ich diesmal nicht oberhalb um die Schlucht herum, sondern auf dem Kings Creek Walk in die Schlucht, an deren Ende sich noch heute ein für Aborigines wichtige Kultstätte befindet.
Auf dem Weg ins Ayers Rock Resort verbrachte ich eine Nacht auf dem kostenfreien Campground in Curtin Springs. Leider fanden hier erneut Mäuse durch die Lüftungsschächte Zugang ins Innere meines Fahrzeuges und machten mir meine Lebensmittelvorräte zu Nichte. Sie leisteten ganze Arbeit. Nudeln, Kekse, Reis, Mehl, alles angeknabbert. Eine kostspielige Sache. Denn hier im Zentrum Australiens sind die Preise verdammt hoch.
Eine gute Nachricht erhielt ich beim Eintreffen im Yulara Resort. Die Great Central Road nach West Australien war nun endlich passierbar. Mit dieser aufmunternden Neuigkeit genoss ich gestern den Sonnenuntergang bei den Olgas und vergaß glatt, das der Park auch Schließungszeiten hat.Ein Ranger machte mich darauf aufmerksam. Peinlich, peinlich. Man kann aber auch glatt die Zeit vergessen wenn all die Touristenbusse abgefahren sind und mit den Geräuschen der Dämmerung und einem sternenklaren Himmel alleine ist.
Heute Abend gönne ich mir das Sunsetspekakel am Uluru. Habe mir dafür extra meinen Campingstuhl, ein Sixpack Bier, eine Tüte Chips und diesmal ausreichend Filme für die Kamera zurechtgelegt. Vor drei Jahren ärgerte ich mich schwarz als mir die Filme ausging.
Doch bis zu diesem Szenarium habe ich noch ein paar Stunden. Genug Zeit um den Monolithen zu Fuß zu umrunde.

29.03.2002 Startschwierigkeiten
Den letzten Abend im Yulara Resort verbrachte ich im Pioneer Outback Bar and Restaurant in dem es allabendlich heißt: “All you can eat.”
Richtig lustig zuzusehen wie sich die teils mächtig geröteten Abenteuerurlauber zügellos die Teller voll krachen. Genau so gierig wie sie von einem Ausflugsziel zum anderen jagen.
Jeder wie er denkt. Ich hatte mein Abendbrot, den Rest trank ich lieber.
Am nächsten Morgen brach ich zeitig auf um die angenehme Kühle des Vormittags zu nutzen. Ein letzter Stop beim Olga Lookout, dann nahm ich den Abzweig nach Docker River.
Leider kam ich gerade mal 30 km weit, als ein Gesamtausfall der Elektrik meinen Jeep zum stehen brachte. Ich bekam zwar Schweißausbrüche blieb aber ganz ruhig. So fand ich schnell den Auslöser der Panne. Ein abgerissenes Kabel mit zwei Handgriffen an seinem Platz befestigt - in diesem Fall dem Zündverteiler - und weiter ging die Post bis nach weiteren 20 km das rechte Hinterrad mangels Luft den Dienst versagte. Da ich das Kunststück des Reifenwechselns bereits zwei Mal mit Bravour bestanden hatte, war auch dieses Problem binnen einer halben Stunde beseitigt.
Diesmal machte ich mir schon eine Kopf, doch ich beruhigte mich mit der Überlegung das es gar nicht mehr schlimmer kommen konnte, wenn schon zu Beginn der Strecke zwei Sachen auf einmal passierten. Nur liegen ganze 1230 Kilometer noch vor mir.
Die Folgen der Überflutung des Docker River waren auf beiden Seiten der Furt zu spüren. Scharfkantige und teils riesige Gesteinsbrocken die der Fluss auf einer Gesamtbreite von 4 km abgelegt hatte beanspruchten meine fahrerische Geschicklichkeit.
Danach zeigte sich die Piste in einem überraschend guten Zustand. Im Warakurna Roadhouse tankte ich noch einmal voll, denn ich erfuhr das zum Karfreitag die restlichen Tankstellen bis Warburton geschlossen hatten.
Doch auf halber Strecke dorthin überkam mich die Lustlosigkeit und ich suchte mir abseits des Tracks einen geeigneten Lagerplatz.
Warum sollte ich mir auch Sorgen machen. Schließlich habe ich einen 180 l Tank und zusätzlich 40 Liter in Reservekanistern. Auch ohne zu Tanken müsste ich es eigentlich bis Laverton schaffen.

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