3. Reise
vom 10.Aug.2002 bis 12.Dez. 2002
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Northern Territory

04.09.2002 Victoria Hwy
Entlang dem Victoria Hwy geben die Flusslandschaften sowie die steilen roten Bergklippen der Victoria River Region hervorragende Fotomotive ab. Und meistens hat man einen Boab Tree, auch bezeichnet als Bottle Tree (Flaschenbaum) im Vordergrund, der nicht nur ein Wahrzeichen für die Kimberleys ist, sondern auch für den nordwestlichen Teil des Top End of Australia.
Nach Ankunft in Katherine fand ich ohne zeitraubende Suche eine Werkstatt, um meinen Freund nochmals komplett durchchecken zu lassen. Habe dafür ein paar Tage eingeplant um diesmal alle Probleme beheben zu lassen.
Unweit der Werkstatt, im Mercure Inn, habe ich einen idealen Campingplatz gefunden, der mir die Zeit des Wartens ein wenig verschönert. Ein Baum der Schatten spendet, Dusch- und Waschsalon, einen Pool und eine Bar. Was will ich mehr.

07.09.2002 Katherine Gorge NP
Endlich eine Werkstatt die mein Vertrauen in die Arbeit von Kfz Mechanikern zurückgewann. Während der Reparatur stellte sich heraus, das die Lenkhilfe überhaupt nicht ausgewechselt, sondern meine eigene defekte (zwar gereinigt und geliftet) wieder eingebaut wurde. Ebenso verhielt es sich mit den Zündkerzen. Dafür zahlte ich damals in Broome 850 Dollar. Nun ist wirklich alles wieder in Ordnung. Der Mechaniker erklärte mir alles und zeigte mir die ausgewechselten Teile. Leider kostete mich dieser Spaß nochmals 600 Dollar. Was mich jedoch am meisten überraschte war die Zusage der Werkstatt, zu Versuchen einen Teil der Kosten für den Pfusch in Broome zurück zu bekommen. Ich habe zwar keine Hoffnung aber einen Versuch ist es allemal Wert. Zudem erhielt ich die Garantie (Eine Garantie in Australien zu erhalten, ist wie ein Sechser im Lotto.), bei auftretenden Mängeln innerhalb der nächsten vierzehn Tage, auf kostenlose Nachbesserung und Mängelbeseitigung.
Guten Mutes verließ ich gestern die kleine Stadt in Richtung Katherine Gorge. Bei brütender Hitze erkundete ich auf einer 17 km langen Wanderung den Busch. Es war echt aufreibend, doch der Einblick in die Schlucht und das Badevergnügen im krokodilfreien Katherine River waren Lohn genug.
Übrigens, wer die Schlucht nicht zu Fuß erkunden möchte kann dies auch per Kanu tun. Mir erschien diese Variante aber viel schweißtreibender.

09.09.2002 Heisse Erlebnisse
Douglas Hot Springs. Was es nicht alles gibt. Kochendes Wasser aus der Erde. Wer nichtsahnend, in Erwartung auf Erfrischung, in einen der "heissen" Seitenarme des kleinen Deltas springt, endet als abgebrühter Hummer.
Einzig an den Zusammenläufen von kalt und heiß ließ es sich herrlich im Wasser entspannen. Selbst bei den derzeit herrschenden extrem hohen Außentemperaturen ist es eine wahre Wohltat für Leib und Seele. Man lebt förmlich auf wenn das am Körper vorbei strömende Wasser die Strapazen und Anspannungen der Reise mit sich nimmt.
Um weiter nach Norden zu fahren nutzte ich die parallel zum Stuart Hwy verlaufende Touristenroute Nr. 23, die von Hayes Creek nach Adelaide River führt. Hier findet man die wohl gigantischsten Termitenbauten und schon einmal einen Vorgeschmack auf die reichlichen Wasserfälle in dieser Region.
Den Litchfield NP darf man auf einer Reise durch den nördlichen Teil des Northern Territorys auf keinen Fall auslassen. Selbst in der Trockenzeit führen die Flüsse genügend Wasser um die Seen über hohe Wasserfälle zu speisen. Ein bleibendes Erlebnis, unterhalb der Fälle, den Badefreuden nach zu kommen. Nur sollte man sich nicht von all den Touristen abschrecken lassen.

10.09.2002
Bevor ich Darwin erreichte verfranzte ich mich ordentlich um 60 km. Kommt davon, wenn man Wegweiser nur flüchtig liest. In dieser Gegend nicht weiter tragisch, doch im Outback kann das schnell zu einem richtigen Problem werden.
Einen geeigneten Campingplatz in Darwin zu finden erwies sich auch nicht so leicht. Viele waren ausgebucht, zu teuer oder zu weit weg vom Schuss. Einer war zwar günstig, bot auch viel Schatten, war jedoch extrem hangschüssig. Hätte ich mich dort niedergelassen, wäre ich morgens wie eine Frühlingsrolle, eingewickelt in meinem Zelt, vor der Toilette aufgewacht.
Aber Ausdauer zahlt sich aus. Dachte ich, denn ich hatte die Rechnung ohne meine deutschen Zeltnachbarn gemacht. Bis zu Morgengrauen debattierten sie lauthals über Probleme ihrer Arbeit sowie mit Gewerkschaften, über Gerichtsverhandlungen und wie toll sie doch alles gelöst hätten. Muss man solche Frasen im Urlaub, Tausende Kilometer weg von der Heimat, zum Besten geben ? Mich kotzt diese Rücksichtslosigkeit, Arroganz und Selbstherrlichkeit mancher Deutscher an.
Vom ersten kurzen Eindruck her scheint Darwin eine ruhige und gediegene Stadt zu sein. Mal sehen ob sich dieser Eindruck in den nächsten Tagen bestätigt.

11.09.2002 Darwin
Der gestrige Tag war voll ausgefüllt. Nach einem ausgedehnten Frühstück versorgte ich meine Lieben zu Hause mit Postkarten und vervollständigte mein Tagebuch. Gegen Mittag zog es mich in die Stadt auf einen Besuch im Museum sowie im “Old Prison” (Gefängnis).Daran schloss eine ausgedehnte Stadtbesichtigung. Am Abend fand ich mich zum Sonnenuntergang an der Nightcliff Promenade ein. Zum Abendessen gönnte ich mir ein komplettes Dinner im RSL Club. Mit einer guten Tasse Tee neben meinem Zelt sitzend ließ ich den Tag ausklingen.
So unbeschwert ich alles darstelle, so ernüchtert haben mich an diesem Tag einige Erlebnisse und Nachrichten. Im Stadtmuseum erfuhr ich von dem zerstörerischen Zyklon “Tracy”, der am 24. Dezember 1974 Darwin fast dem Erdboden gleich machte. In den Straßen ließt man um diese Jahreszeit vorsorgliche Hinweise zur kommenden Zyklonsaison.
Die Nachrichten geben zur Kenntnis das Westaustralien und das Northern Territory derzeit die heißesten und trockensten 6 Monate nach Ende der wenig ergiebigen Regenzeit erfährt. Das Überleben von Mensch und Tier wird nur noch von Brunnenwasser gewährleistet. Doch sollte es nicht bald regnen, dann ist auch diese Versorgung gefährdet.
Über den Bildschirmen im RSL Club flimmerten die Bilder des 11. September in New York und über E-Mails von Verwandten und Bekannten erfuhr ich genaue Details von der furchtbaren Flutkatastrophe in meiner Heimatstadt Dresden. Was ist bloß los mit der Welt. Man bekommt richtig Angst.

12.09.2002 Kakadu National Park Teil 1
Kakadu - der wohl bekannteste Nationalpark Australiens. Bereits am frühen Nachmittag fand ich einen geeigneten Schlafplatz am Red Lilly Billabong.
Zu diesem idyllischen Ort finden ganz wenige Zugang, denn die 23 km lange und schmale Zufahrt schreckt mit seinen extremen Pistenverwerfungen viele ab. Ein Ort ideal für Hobbyornithologen und garantiert krokodilfrei. Ein Ort an dem man die Schönheit der Natur auf sich einwirken lassen kann, während man geduldig wartet bis das Teewasser im Kessel blubbert. Hier findet man Ruhe vor den Touristenbussen und den “Möchtegernabenteurern”.
Einzig lästig sind die in Unmassen auftretenden Buschfliegen, deren Zahl mit zunehmender Luftfeuchtigkeit steigt. Mittlerweile bin ich schon recht geschickt diese nervenden Gesellen zu erschlagen. Muss man eben ertragen, ebenso die Moskitos die zu dem Zeitpunkt auftauchen, zu dem die Fliegen die Bühne verlassen.

14.09.2002 Kakadu National Park Teil 2
Obwohl ich mich mit der Kunst der Aborigines nicht so richtig anfreunden kann, war ich von den Felsmalereien am Ubirr und am Nourlangie Rock wahrlich begeistert. Ich hörte gebannt den Tourführern zu, die tiefgreifende Erläuterungen zu den Bildern gaben.
Vom Plateau des Ubirr hat man einen weiten Blick über die Flutgebiete des Alligator Rivers. Gegen Mittag lagen eine 50 km lange staubige Gravelroad und eine 10 km lange Geländepassage zu den Jim Jim Falls hinter mir. Doch dort nichts als laue Luft. Kein Tropfen Wasser stürzte die einige hundert Meter hohen Steilwände herab. Furz trocken. Der ausgebliebene Regen zeigt hier am deutlichsten seine Wirkung. Wenigstens konnte ich mich, nach anstrengendem Hindernislauf über riesige Felsabbrüchen, im Pool zu Füßen des “Wasserfalles” erfrischen.
Weitere 12 km durch schweres, sandiges Gelände zu den Twin Falls ersparte ich mir. Die Enttäuschung in den Gesichtern der dort Gewesenen sprach Bände.
Trotzdem, was Litchfield und Kakadu NP gemeinsam haben, wären die überwältigenden Schluchten und deren üppige Vegetation. In einer arg kargen und über Monate trockenen Region sind dies wahre Oasen des Lebens. Tiefstürzende Wasserfälle (normalerweise), zerklüftete Emporen und Felswände, Kaskaden und Pools gefüllt mit glasklarem Wasser, hier erst beeindruckt die Kreativität der Natur. Geschaffen über Jahrmillionen. Wie ein Künstler, der immer wieder an der Perfektion seiner Statur arbeitet.
Enttäuschen dagegen der Jim Jim Billabong und Yellow Waters. In jedem Infoblatt umworben, ist die einstige Romantik dieser beiden Plätze durch die touristische Erschließung verloren gegangen.
Ich bin froh mit meinem Gefährt zu den wirklich romantischen Plätzen zu gelangen, auch wenn ich kräftig durchgeschüttelt werde.

15.09.2002 Kakadu National Park Teil 3
Als recht gut besucht zeigte sich die Maguk Gorge. Auf dem Weg zum Ende der Schlucht, an dem ein See zum Baden einlädt, kommt man an einer Krokodilfalle vorbei. Ehr ein kleiner Touristenschreck, denn normalerweise halten sich Krokodile hier nur in der Regenzeit auf, wenn alles überflutet und unpassierbar ist. Mit fallendem Wasserstand ziehen sich auch die Reptilien zurück. Und sollte doch einmal eines der Panzerechsen den Rückmarsch verpasst haben, fangen es die Parkranger ein, bevor die Plätze für die Öffentlichkeit freigegeben werden. Aber ein gesunder Menschenverstand hält dennoch die Augen auf.
Habe heute mal an den roten reifen Palmfrüchten gerochen, auf die die schwarzen Kakadus so versessen sind. Das Aroma kann man am Besten mit dem Duft schweißnasser Füße in ausgelatschten Schnürstiefeln vergleichen. Ein Grund mehr auf meine Schuhe ein Auge zu werfen, wenn ich meinen Füßen etwas frische Luft gönne.
Ach, und dann hat mich noch eine Studie nachdenklich gemacht, die ich im Infocenter von Jabiru gelesen habe.
Auf einem Hektar des Kakadu NP`s bewegen sich mehr als 20.000.000 Ameisen, von jeder der 100 verschiedenen Spezies. Alle zusammenergeben einen 30 prozenteigen Anteil an der Biomasse. Wenn ich mir diese quirligen Biester genauer ansehe stellt sich mir die Frage: “ Wer und wie hat man diese Tierchen gezählt?”

16.09.2002 Edith Falls
Die Rundreise am Top End ist beendet. Ich befinde mich auf halben Weg nach Mataranka.
Vor Einbruch der gestrigen Nacht wollte ich eigentlich Pine Creek erreichen, doch dann traf ich 50 km vor dem Ort, auf einem Rastplatz, einen völlig ausgepowerten Buschbiker aus Dänemark. Ich entschied ihm Gesellschaft zu leisten und schlug mein Lager auf. Am Lagerfeuer, bei gemeinsamen Abendessen und Tee ergab sich ein angenehmer Plausch. Es tut ab und zu gut sich mit jemanden zu unterhalten. Meine rechthaberischen Selbstgespräche gehen mir manchmal ganz schön auf die Nerven.
Bevor ich heute nach Katherine zurückkehrte, unternahm ich noch eine Wanderung rund um die Edith Falls.
Und dann eine Überraschung. Die Werkstatt, die mein Auto reparierte und für mein Recht stritt, hielt einen Scheck in Höhe von 320 Dollar bereit. Für so viel Service zeigte ich mich natürlich auch erkenntlich und dankte den Mitarbeitern mit einem Sixpack Bier. Sie waren davon sehr angetan aber mehr wollten sie einfach nicht annehmen.
Auch ich lasse mir nun am Ende des Tages ein Bierchen schmecken und genieße den sich in den Wolken reflektierenden Sonnenuntergang.

17.09.2002 Heisse Quellen
Die Thermalquellen von Mataranka sind nicht schlecht, doch die von Bitter Springs, wenige Kilometer vor dem Ort, sind besser. Während sich dutzende Leiber in den ausgebauten Pools des Touristen Resorts drängen, kann man hier am frühen Morgen ganz alleine den naturbelassenen Flusslauf auf und ab schwimmen. Angenehme konstante 34°C sorgen für das wohlbefinden der Seele. Ein echter Insidertipp, den ich von dem dänischen Buschbiker bekommen habe.
Im Ortszentrum von Mataranka kann man einen riesigen Termitenbau bestaunen. Eigentlich nichts besonderes, könnte man auf einer angebrachten Tafel nicht einige Informationen lesen die zum nachdenken anregen.
So leben in einer bis zu 7 m hohen Termitenburg ca. 2000 Termiten, in einer Kolonie deren Lebensdauer etwa 80 Jahre beträgt. Der Hügel wächst mit Zunahme der Population, die wiederum vom Nahrungsangebot abhängig ist. Es gibt 200 Spezies in ganz Australien, von denen die Giant Termite mit 3 cm die Größte ist und sogar Autoreifen frisst. Der Rest ernährt sich figurbewusst nur von Gras.

18.09.2002 Vergangenheit
Der zunehmende Mond spendet spärliches Licht. Das Lagerfeuer flackert und die Hitze der Flammen bringt das Wasser langsam zum kochen. Kein Strom, kein Gas, kein fließend Wasser und doch bin ich satt, fühle mich wohl, frei und unabhängig.
In naher Entfernung höre ich die Motoren der Roadtrains dröhnen, die einen dünnen Faden zur Zivilisation spannen. Sie versorgende ständig wachsenden Städte mit allem was sie am Leben erhält, gleich einer Mutter die ihr Kind nährt wenn es schreit.
Wie hart mag das Leben während der Besiedlung gewesen sein. Wie sahen die Wege durch dieses Land aus. An den “We of the Never Never” Gräbern kann man auf Tafeln lesen wie schicksalhaft und aufopferungsvoll das Leben der Farmer war. Mit welchem Mut und welcher Bescheidenheit diese Leute ihr Leben gaben, damit wir heute auf asphaltierten Wegen oder planierten Pisten die Herrlichkeit dieses Landes erfahren können.
Ich empfinde es als Glück an den Errungenschaften teilhaben zu können, in dem ich sie mit einfachen Mitteln erlebe, den Hauch der Vergangenheit in mich einsauge und ein wenig die Phantasie spielen lasse. Dann höre ich hektische Pferdehufe, vermischt mit den lauten Rufen des getriebenen Viehs, knarrende Wagenräder die über Stock und Stein poltern. Sobald ich die Augen schließe sehe ich direkt vor mir das karge und entbehrungsreiche Farmleben, eingehüllt in eine dichte Staubschicht.
Und am Morgen, nach einer heißen Tasse Kaffee packe ich mein Auto, so wie es einst der Stockman mit seinem Pferd tat. Er löscht das Feuer und setzt seinen Weg mit neuem Ziel fort.

20.09.2002 Devils Marbles
Um auf dem kürzesten Weg nach Queensland zu gelangen, hätte ich kurz hinter Daly Waters auf den Carpentaria Hwy abbiegen müssen.
Da ich aber unbedingt mit dem Teufel murmeln wollte, zog ich es in Betracht einen Umweg von einigen hundert Kilometern auf mich zu nehmen. Ein Weg der sich wahrlich gelohnt hat. Besonders zum Sonnenuntergang bezaubern die riesigen Steinkugeln der Devils Marbles in pastellfarbenen Orangetönen. Schon ihre Einzigartigkeit animiert zu kuriosen Fotomotiven. Überrascht einen die Dunkelheit, lädt ein Campingplatz zum Übernachten ein.
Bei Tagesanbruch fuhr ich zurück bis zum Three Ways Roadhouse in dessen Nähe das John Flynn Memorial errichtet wurde. Hier bog ich in Richtung Barkly Homestead and Roadhouse ab, wo ich vorsorglich Treibstoff bunkerte. Auf der Hälfte des Tablelands Hwy änderte ich erneut die Richtung und fuhr nun gen Osten.
Doch nun campiere ich hier, irgendwo auf der Calvert Road, abseits der Strecke. Ich habe heute einfach keine Lust mehr weiter zu fahren. Morgen ist auch noch ein Tag um Queensland zu erreichen.

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